Im Netz werden viele Dienstleistungen (vermeintlich) kostenlos angeboten. Warum sollte man darüber nachdenken? Irgendwann zu Zeiten des alten Internets besuchte ich die CeBit, muss so um den Jahrtausendwechsel gewesen sein. Ich staunte über die vielen innovativen Dienstleistungsangebote – und alles kostenlos. An vielen Ständen fragte ich nach dem Geschäftsmodell. Antworten bekam ich meist keine, bzw. Bannerwerbung & Co.  Wer erinnert sich noch an GeoCities? Diese Blase platzte dann ja auch kurze Zeit später.

Jetzt mache ich mir keine Sorgen um die Geschäftsmodelle von Facebook, Google und Konsorten – aber was wäre denn, wenn diese ihre Dienste einstellen? Mit diesen Gedanken beschäftigte sich schon Sascha Lobo in seiner S.P.O.N.-Kolummne “Euer Internet ist nur geborgt”. Seine Empfehlung ist die eigene Website, der eigene Blog. Eine andere Empfehlung – die von Mathias Richel – hat einen eher netzpolitischen Ansatz. Mathias kommt zu dem Schluss, dass unsere Zukunft im Netz öffentlich-rechtlich sein sollte. Dieser These kann ich – auch unter wettbewerbspolitischen Aspekten – teilweise zustimmen. Ich überzeichne einmal anhand von Google: Google ist quasi Monopolist im Bereich der Suchmaschinen und versucht durch intelligente Diversifizierung (Nexus, Android, Cloud, ..) die Marktmacht noch auszubauen. Allein wenn man nur die Websuche betrachtet: Google    entscheidet, welche Informationen ich finde – ist das nicht ein Stück weit beängstigend? Und alles ohne demokratische Kontrolle. Hier wären öffentlich-rechtliche Strukturen vielleicht des Nachdenkens wert. Aber …

Innovative Internetdienstleistungen und öffentlich-rechtliche Strukturen? Ist das nicht ein Widerspruch in sich? Gar öffentlich-rechtliche Unternehmen? Dies möge sich jeder selbst fragen, ob öffentlich-rechtliche Strukturen Innovationen befördern.

Wo könnte ein Ausweg sein? Zunächst bietet sich hier ein ganz banaler Schachzug an: lasst uns für die Dienstleistungen doch einfach (freiwillig) bezahlen. Wenn man bei Google Drive, XING, Dropbox oder was auch immer den Einstiegspreis (also nicht die kostenlose Variante) wählt, tritt man in ein “echtes” Vertragsverhältnis ein. Daraus folgt, dass die Anbieter mir gegenüber ganz andere rechtliche Verpflichtungen haben und z.B, ihren Dienst nicht einfach einstellen können, zumindest nicht ohne mir meine Daten zurück zu geben. Und meine Daten werden wieder stärker mein Eigentum – denn ich zahle nicht mehr mit ihnen.

Und was hat das jetzt netzpolitisch für Konsequenzen? Sollen wir z.B. Facebook zwingen, Gebühren zu verlangen? Nö, wie denn auch? Aber wie wäre es denn, wenn unsere Bereitschaft steigen würde für Dienstleistungen zu bezahlen? Könnten dann nicht viele neue Unternehmen entstehen, die diese monopolistischen oder oligopolistischen Strukturen aufbrechen? Keine Ahnung.

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5 Kommentare

  1. 1

    Was mir bei der ganzen Diskussion fehlt: die Parallele zwischen offenen Räumen in der Offline- und der Online-Welt.

    Wenn man über Stadtplanung redet, ist aus meiner Sicht entscheidend, dass von öffentlicher Seite immer sichergestellt ist, dass große und für Demonstrationen geeignete Plätze zur Verfügung stehen, wo wir als Bürger unser Recht auf Versammlungsfreiheit wahrnehmen und demonstrieren können. Sobald unsere Städte zu Konzernbesitz werden, wie Potsdamer Platz und Sony Center, verlieren wir dieses Recht. An dieser Stelle würde vermutlich kaum ein Netzaktivist hingehen und sagen “Bei der Wahrung des Rechts auf Versammlungsfreiheit traue ich dem Staat nicht, das könnte eigentlich auch Facebook erledigen.”

    Im Internet aber gibt es viele Leute, die die Wache über ihre Meinungsfreiheit eher Facebook und Google als dem deutschen Staat anvertrauen wollen.

    • Richtig, öffentliche Räume wie z.B. der Marktplatz einer Stadt gehören der Allgemeinheit. Gebaut wurde der Marktplatz wahrscheinlich mit öffentlichen Geld, aber durch “private” Firmen. Übertragen heisst dies, dass eine Kommune z.B. eine Online-Bürgerbeteiligungsplattform einrichtet jenseits von Facebook – aber diese selbstverständlich nicht programmieren kann. Grundsätzlich traue ich einer marktwirtschaftlichen Kontrolle mehr als staatlicher Regulierung. Durch die monopolartigen Strukturen im Netz ist jedoch der Marktmechanismus teilweise ausser Kraft gesetzt. Ich würde deshalb nicht nach dem Staat schreien, sondern nach wettbewerbspolitischen Maßnahmen wie z.B. Monopolkontrolle und Kartellrecht – und dies international.

  2. 2

    [...] Drüben fragt sich Peter Wilke, ob wir angesichts der Marktmacht wichtiger Diensteanbieter im Netz wie Facebook und Gppgle ein öffentlich rechtliches Internet brauchen. Vielleicht. Aber ich denke, gut würde sicher das nicht werden. Siehe die bisherigen Versuche wie DeMail oder ähnlicher Quatsch. [...]

  3. 3

    Ein anderer Denkfehler ist auch die Vorstellung, das Netz sei so etwas wie, sagen wir, die Gastronomie, oder eine andere (Unterhaltungs-)Branche. Staatliche Restaurants sind in der Tat absurd, während es niemand absurd findet, dass sie erst dank öffentlicher Wasserversorgung (die ja nicht einmal umsonst ist) über eine funktionale Küche verfügen.
    Wir haben es wohl immer noch nicht geschafft, die Politik, und den Durchschnittsbürger, von der Relevanz des Netzes zu überzeugen. Und je mehr Durchschnittsbürger bei facebook et al anlanden, umso schwerer wird das.

    • Ich komme nicht auf die Idee das Netz wie einen gastronomischen Betrieb zu betrachten – aber vielleicht könnte man das Netz wie ein Telekommunikationsunternehmen betrachten. Und die Vorstellung von einem staatlichen Telekommunikationsunternehmen finde ich mehr als absurd. Ich bin zwar ein Durchschnittsbürger in Facebook :smile: , aber als Volkswirt verstehe ich ein wenig vom Zustandekommen von Innovationen – und Staatsbetriebe sind nicht unbedingt dafür bekannt, dass sie täglich Patente anmelden. Ich glaube ein staatliches Netz wäre schrecklich langweilig. Wäre nicht viel mehr die Netzelite (zu der ich mich als Durchschnittsbürger bei Facebook nicht zähle) aufgerufen durch Unternehmensneugründungen und neue Plattformen die Marktmacht von Facebook, Google & Co. zu begrenzen?

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